So kannst du dein Selbstbewusstsein stärken
Viele Menschen haben keine besonders gute Meinung über sich selbst. In meiner Praxis erlebe ich das immer wieder mit Klienten aus den verschiedensten Lebensbereichen. Das Tröstliche vorab: Das geht allen zu irgendeinem Zeitpunkt im Leben mindestens einmal ebenso so. Schwierigkeiten, den eigenen Wert wahrzunehmen und sich dessen bewusst sein, gehören zu einem großen Anliegen von uns Menschen.
Klienten berichten von mangelndem Selbstbewusstsein oder auch darüber, dass sie gar nicht wissen, was das überhaupt ist.
Wenn du jetzt einen Moment innehältst und darüber nachdenkst - was ist für dich Selbstbewusstsein?
Vielleicht denkst du, Selbstbewusstsein zu haben bedeutet, immer vor Selbstvertrauen zu strotzen, niemals zu zweifeln, stets glücklich und zufrieden zu sein? Oder selbstbewusst zu sein, zeige sich in Wohlstand, Erfolg, Attraktivität und beständigen Leistungsstreben?
Oder was denkst du?
Diese Eigenschaften tragen dazu bei, dass wir uns wohlfühlen und es uns „gut“ geht, aber sie sagen nichts über das Selbstbewusstsein eines Menschen aus. Denn Selbstbewusstsein hat nichts mit äußeren Faktoren zu tun. Menschen, die alles zu haben scheinen, können genauso unter einem mangelhaften Selbstbewusstsein leiden, wie alle anderen auch. Und anders können Personen, die wenig besitzen und wenig erfolgreich sind, ein stabiles und gutes Selbstbewusstsein haben.
Was also ist Selbstbewusstsein?
Gesundes Selbstbewusstsein heißt, du nimmst dich grundsätzlich als wertvollen und liebenswerten Menschen wahr. Das beinhaltet, dass du dich selbst wertschätzt und dir ebenso Mitgefühl entgegenbringen kannst, wie du es bei anderen tust. Du denkst grundsätzlich zuversichtlich und positiv über dich und lässt dich nicht von einer momentanen Meinung anderer beeinflussen. Du bist nicht abhängig davon, was andere Menschen über dich denken!
Du besitzt ein stabiles, gesundes Selbstbewusstsein, wenn du
- dich selbst auch dann akzeptierst, wenn mal etwas nicht gelungen oder geschafft wurde (du bewertest dich nicht an deinen Leistungen)
- dich auch weiterhin als liebenswert und wertvoll annimmst, wenn möglicherweise eine Beziehung beendet wurde (du definierst deinen Wert nicht über andere Menschen)
- du magst dich selbst und strebst ebenso nach persönlicher Weiterentwicklung (du hast den Wunsch, weiter zu wachsen und deine Persönlichkeit zu entfalten)
- du nimmst dich selbst ernst und wichtig (Selbstfürsorge ist für dich Standard, kein Luxus)
Wie viel Mal hast du gerade genickt?
Wenn es nicht so häufig war, ist das nicht schlimm. Selbstbewusstsein kann man lernen und lernen wir auch jeden Tag, wenn wir uns aktiv und bewusst in unserem Alltag dafür einsetzen.
Wichtig ist, dass du weißt, auch ein stabiles Selbstbewusstsein schützt dich nicht davor, dass unangenehme Gefühle aufkommen oder dein Selbstvertrauen einmal erschüttert wird. Du wirst zeitweilig dennoch ein schwankendes Selbstvertrauen oder ungute Gefühle, in Anbetracht mancher Aufgaben und Herausforderungen, empfinden. Auch negative oder schwierige Emotionen werden immer wieder aufkommen, weil das zum Leben dazu gehört und das alles nichts mit einem gesunden Selbstbewusstsein zu tun hat.
Also mach dich frei davon, wenn du glaubst, dass dein Selbstbewusstsein davon abhängt, was andere Menschen über dich denken, wie viel Leistungen du bringst oder wie gut du deinen Aufgaben nachkommst. Wichtig ist einzig, wie du dich selbst wahrnimmst und annimmst. Das kann sonst kein anderer für dich tun.
Wie kannst du damit beginnen, selbstbewusster zu werden?
1. Schluss mit ständigen Selbstentwertungen!
Wir neigen dazu, uns und unsere Belange (und die der anderen) immer wieder zu bewerten und zu beurteilen: Oh, wie schön. Das sieht gut aus. Das schmeckt furchtbar. Das macht x besonders gut. …
Können wir bei anderen positive Urteile finden, fällt es uns bei uns selbst viel schwererer. Dann sind wir zurückhaltend mit positiven Bewertungen. Wenn schon, werden eher Leistungen positiv anerkannt – der gelungene Job, die tolle Präsentation oder die folgerichtige Argumentation beispielsweise. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt, macht aber abhängig von der jeweiligen Situation und fördert kein gesundes, umfassendes Selbstbewusstsein, sondern nur deine Definition über deine Leistungen. Nur einen Lebensaspekt herauszugreifen und positiv anzuerkennen, bringt noch nicht, dass du dich selbst als eine selbstbewusste Persönlichkeit wahrnimmst.
Deshalb: Nimm die Gegebenheiten an, als etwa,s was ist. Lass Bewertungen und Beurteilungen weg.
2. Veränderungen anerkennen
Wir verändern uns ständig. Zwischen unserer Geburt und dem Sterben liegen unzählige Veränderungs- und Wachstumsprozesse – und das nicht nur körperlich. Manche Veränderungen sind gut und hilfreich, andere weniger. Auf manche haben wir Einfluss und auf wieder andere, keinen.
Das heißt, wenn wir immer in Veränderungsprozessen stecken, ist nichts, was uns betrifft, statisch. Wir sind quasi niemals „fertig“. Wie wollen wir dann etwas bewerten, was der immer wiederkehrenden Veränderung unterliegt?
Wir können uns nicht als fertig und abgeschlossen betrachten, und somit ach in keine Schublade stecken. Denn morgen werden wir wieder etwas anders sein, als heute. Und wir haben immer Zeit, bis zu unserem Lebensende, bewusst und positiv zu handeln und die Veränderungen aktiv anzugehen.
Deshalb: Nutze diesen ständigen Fluss und gestalte genau das um, was du anders haben möchtest.
3. Ich bin in Ordnung
Ja, lies das gerne noch einmal oder sage es dir selbst, das ist auf dich bezogen: „Ich bin in Ordnung, so wie ich bin!“
Das ist Selbstakzeptanz und es ist wichtig, dass du diese Verantwortung ausübst und bei dir behältst. Wenn du dich als nicht fehlerfrei und nicht perfekt ansehen und akzeptieren kannst, ist das wunderbar. Selbstbewusstsein wird gern zweiseitig beschrieben, wie bei einer Münze. Die eine ist eine aufrichtige und mitfühlende Haltung sich selbst gegenüber. Auch und besonders, wenn es gerade nicht so gut läuft oder wir Fehler machen. Und die andere Seite …
Positiv kommt hier dazu, wenn ich mich selbst akzeptiere und mir mit einer wertschätzenden, positiven Einstellung gegenüber bin, kann ich auch meine Mitmenschen mit einer akzeptierenden und wohlmeinenden Haltung entgegentreten.
4. Umgang mit den eigenen Grenzen
Hand aufs Herz: Wir alle haben etwas an uns, womit wir unzufrieden sind. Dann kommen Gedanken wie: „Eigentlich sollte ich mich gesünder ernähren, mehr Sport machen, früher schlafen gehen, ausgeglichener sein, weniger Spaßkaufen, öfter das Fernsehen ausstellen, ...“.
Davon können wir manche Dinge abstellen, andere nicht. Wenn ich z. B. kleiner oder größer sein möchte, funktioniert das nicht.
Wenn es um persönliche Begrenzungen geht, ist es wichtig, zu unterscheiden, was „nur“ schwierig oder tatsächlich unmöglich ist. Etwas, was zwar schwierig erscheint, umzusetzen, ist schwierig, aber möglich. Das heißt, ich muss mehr dafür aufwenden. Mehr Zeit, Kraft, Energie, Wiederholungen, Lernen – was auch immer. Aber es ist möglich. Ich werde dafür eben einen anderen Weg wählen, wie für Dinge, die mir leicht fallen.
Wenn du dir unsicher bist, ob etwas schwierig oder unmöglich ist, kannst du gerne mit vertrauten Menschen darüber sprechen. Möglicherweise haben sie auch den einen oder anderen konkreten Tipp, was du bei "schwierig" tun könntest.
Deshalb: Unterscheide genau, was schwierig und machbar und was unmöglich ist. Nun kannst du entscheiden, was du als Nächstes tun willst.
5. Seine Eigenschaften schätzen und anerkennen
Darin zugrunde liegt die Idee, dass wir uns oft anders zu sein vorstellen oder wünschen, als wir sind: schöner, beliebter, jünger, schlanker, usw. Das bedeutet, dass wir uns so, wie wir sind, nicht wertschätzen und akteptieren.
Ich bin der Meinung, dass ein stabiles und gesundes Selbstbewusstsein dann entsteht, wenn wir anerkennen und schätzen lernen, was man hat oder ist. Seine Orientierung auf das zu legen, was man nicht hat, kann entmutigen und deprimieren. Deshalb möchte ich dich ermutigen immer wieder ganz bewusst darauf zu schauen, welche guten und hilfreichen Eigenschaften du hast, um diese weiter auszubauen. So lernst du, diese anzuerkennen und sie dir bewusst zu machen, und dich auf Positives und Angenehmes zu konzentrieren. Und wenn wir uns auf positive Dinge konzentrieren, fühlen wir uns automatisch besser und leichter.
Das heißt, ganz klar: Weiterentwicklung ist richtig und wichtig. Aber auf welcher Basis wir damit zu beginnen, ist entscheidend. Wenn du abnehmen möchtest und bisher wenig oder keinen Sport gemacht hast, ist es eine Qual, sich vorzustellen, ab jetzt jeden Tag laufen oder ins Fitnessstudio zu gehen. Wenn du abnehmen möchtest und du eigentlich gerne Obst und Gemüse isst, kannst du dir leicht vorstellen, wie du dir leckere Salate und Gerichte zusammenstellst und du Freude am Genießen empfindest. Oder?
6. Umgang mit Fehlern
Oh, ich liebe diesen Punkt. Fehler haben es in sich und wie wir damit umgehen, auch. Und wenn ich jetzt sage, dass Fehler zum Leben dazugehören, sage ich ebenfalls nichts Neues. Dennoch ist die Angst davor, Fehler zu machen, bei vielen Menschen richtig groß. Sie entwerten sich, wenn sie den kleinsten Fehler überhaupt machen.
Wenn du dazu neigst, dich wegen Fehlern schlecht oder fertig zu machen, dann bitte überdenke deine Haltung sehr gründlich. Was ist gut oder hilfreich daran, wenn du schlecht über dich denkst? Machst du dann weniger Fehler?
Solange wir leben, machen wir Fehler, aber wir können konstruktiv damit umgehen. Mach dir bewusst, wenn du verbissen versuchst, alles richtig zu machen und Fehler zu vermeiden, gehst du bald jeder Herausforderung aus dem Weg, verkneifst dir Dinge, die du gern hast oder gern machen würdest und wirst immer verbissener und verbitterter.
Leg dir eine Haltung zu, wo Fehler akzeptiert sind und mach dir bewusst:
- Fehler sind niemals gewollt, sie geschehen
- ich bin ein Mensch und nicht Gott, und kann Fehler nicht ausschließen
- Fehler zu machen heißt, etwas zu lernen oder zu wachsen
- viele Fehler können behoben werden und die Welt geht deshalb nicht unter
- wenn du die Verantwortung für deine Fehler übernimmst, musst du dich nicht dafür schämen
- jeder Mensch macht Fehler, egal welcher Bildungsstand
- Fehler können ernste Konsequenzen mit sich bringen, aber auch dann wird es weitergehen
7. Vertraue deinem eigenen Urteil
Wenn wir kein stabiles Selbstbewusstsein haben, neigen wir dazu, die Meinungen von anderen zu übernehmen, in dem Denken, dass er oder sie es besser weiß, als du selbst. Was ist das?
Genau das sind Selbstzweifel pur. Wenn du ein gesundes Selbstbewusstsein haben möchtest, ist es an der Zeit, auf deine eigene innere Stimme zu hören, dir deine eigenen Urteile zu bilden, deine eigene Meinung zu vertreten und auf deine eigene Weisheit zu hören. Denn es geht um DICH, und nur um DICH. Nicht um die anderen.
Ich wünsche dir ein starkes, kraftvolles und gesundes Selbstbewusstsein. Und vergiss nicht, es ist eine Übungssache – immer und immer wieder. Wie Wachstum und Entwicklung halt immer. Dabei wünsche ich dir viel Freude und kunterbunte Erkenntnisse.
Weil: ENTFALTUNG ist deine bewusste Entscheidung – immer und immer wieder.
Bildnachweis: K. Stavenhagen