Partnerliebe – was ist das eigentlich?
Wenn Paare zu mir zur Beratung kommen, erlebe ich in letzter Zeit öfter, dass
manche Paare gar nicht wissen, was Partnerliebe ist, wie sie entsteht und was sie ausmacht.
Das hat mich veranlasst, diesen Beitrag zu verfassen.
"Ich liebe dich nicht nur, weil du bist wie du bist, sondern auch,
weil ich bin wie ich bin, wenn ich bei dir bin!"
Paulo Coelho
Die Liebe zwischen Partnern ist etwas anderes als Verliebtheit
Verliebtheit ist am Anfang des gemeinsamen Weges da. In einer guten Beziehung gibt es auch immer wieder Phasen der Verliebtheit. Lt. Beziehungsforschung ist Verliebtheit wichtig, um eine haltbare Bindungen zwischen den Partnern zu erschaffen. Doch als Zustand vergeht sie in der Regel recht schnell und damit auch die Gefühlsintensität. Aus den Schmetterlingen im Bauch, entsteht ein Gefühl der Zugehörigkeit, das es richtig ist, so wie es ist, und der Zuwendung.
Wer, wie es oft geschieht, an dieser Verliebtheit und der Gefühlsintensität festhält und diese als immerfort dauernde Basis betrachtet, wird sich wahrscheinlich oft verlieben, aber niemals wirklich Lieben.
Liebe ist ein Entwicklungsprozess
Liebe ist niemals plötzlich da und auch nicht wieder weg. Über eine längere Zeit entwickelt und entfaltet sich die Liebe in verschiedenen Phasen. Dazu ist das Mitgestalten beider Partner wichtig. Was uns in der Zeit der Verliebtheit fast ohne unser Zutun geschenkt wird, dass kann auf Dauer nur Realistisch bleiben, wenn wir es uns – jeder für sich und dann wieder gemeinsam, erarbeiten. Auch wenn wir „Arbeit“ nicht wirklich gern mit Liebe in Verbindung bringen, ist eine gelingende Partnerschaft nichts anderes. Stetige Arbeit an sich und der Partnerschaft. Beispielsweise schenkten wir unserem Partner in der Zeit des Kennenlernens und der Verliebtheit uneingeschränktes Vertrauen, wir begegnetem ihm oder ihr zugewandt und offen. Einige Jahre später, wenn der Alltag in das Beziehungsleben eingezogen ist, die Ecken, Kanten und auch Auseinandersetzungen ebenso dazu gehören, fällt es vielleicht öfter schwer, freundlich und offen zu bleiben, dann gehört „Arbeit“ dazu. Beziehungsarbeit ist notwendig, damit unsere Zugewandtheit zum Partner nicht nur eine vorübergehende Stimmung ist, sondern eine tragfähige Basis wird. Was in der Zeit der Verliebtheit von selbst zum anderen fließt, muss in der Phase danach durch Pflege der Beziehungskultur ausgebaut und verfestigt werden. Paare, die sich schnell wieder trennen, beachten das oft viel zu wenig.
Liebe ist stets ein Entwicklungsweg MIT Höhen und Tiefen
Das bedeutet: Krisen gehören immer dazu. Das kann durchaus tröstlich sein, wenn man mal wieder in einer solchen steckt. Sicher möchte man gern darauf verzichten, doch sie sind unvermeidbar und für die Reifung der Liebe unentbehrlich. Sie bringen einerseits zwar unsere Beziehung in Gefahr, doch andererseits steckt daran auch immer eine Chance, an diesen Krisen zu reifen und somit als Wachstumskrise für die Liebe und Partnerschaft, daraus hervorzugehen. Krisen ermöglichen es, aus eingefahrenen Gewohnheiten auszubrechen. Wir können ungeahnte Fähigkeiten an uns und unserem Partner feststellen, und sie ermöglichen uns neue Formen des Zusammenlebens und der Beziehungsgestaltung zu entdecken und zu entwickeln. Eine Krise ist kein Hinweis darauf, dass man doch nicht zueinander passen könnte und sich trennen müsste. Sie ist ein Hinweis, dass der nächste Beziehungsschritt ansteht und sowohl die eigene, als auch die gemeinsame Entwicklung wachsen darf und wachsen möchte.
Krisen sind oft ein Hinweis auf Unstimmigkeiten zwischen Autonomie und Bindung der Partner
Das ist in den heutigen Partnerschaften eine ganz zentrale Aufgabe. Jeder ist seine eigenständige Person, der sowohl Freiheit braucht, als auch in Bindung mit dem Partner sein möchte, weil er darin Sicherheit und Geborgenheit findet. In der Zeit der Verliebtheit verzichten wir gern auf die persönliche Freiheit, weil wir gern mit dem Partner zusammen sein möchten. Doch das kann nicht dauerhaft gelebt werden. Danach kommt es zu Zeiten des Wechsels: Zeiten für mich und Zeiten für uns. Es muss auch wieder Zeit & Raum geben, in denen wir wieder mehr bei uns sind und Distanz zum“ Wir“ haben. Solche persönliche Zeiten gehören in jede Partnerschaft, um diese lebendig und aktiv zu halten und nicht in einem „goldenen Käfig“ zu verkümmern.
Das kann durchaus in einer Beziehung auf Augenhöhe geschehen, ohne dass einer bereits an Trennung denken muss. Hier ist es wichtig und wertvoll, das Nähe-Distanz-Verhältnis immer wieder neu mit seinem Partner zu verhandeln und eine für beide akzeptierbare Toleranz zu finden. Paare, die den autonomen Freiraum der Partner großzügig bemessen, tun im Allgemeinen mehr für die Stabilität der Beziehung, als Paare, die sich ängstlich überwachen und „aneinander kleben“.
Liebe ist, eine gemeinsame Geschichte schreiben
Die Zeit, die man zusammen ist, verleiht der Liebe eine besondere Qualität. Wenn man der Gefahr, dass die Beziehung mit zunehmender Zeit öde, langweilig oder leer wird, entgegen arbeitet, und nicht nachlässt an der Lebendigkeit und Einzigartigkeit der Beziehung zu arbeiten, erhält das „gemeinsam älter werden“ eine eigene, besondere Qualität, die Ihre Beziehung ausmacht. Es entstehen Tiefe, Verbundenheit und Nähe, die ein kurzes Liebensabenteuer nicht erreichen kann. Nichts kann uns so sehr, wie die gemeinsame Geschichte einer Partnerschaft das Gefühl geben, einen Ort und eine Heimat, ein Ankommen in dieser Welt, zu haben und nicht allein zu sein. Allerdings bekommt man diese gemeinsame Geschichte und diese Tiefe nur, wenn man es miteinander aushält.
Sicher kann man eine lange Liebe nicht erzwingen und manchmal ist es vielleicht auch besser, sich zu trennen. Aber man kann viel dafür tun, dass es möglich wird, eine lange Liebe zu leben. Damit Liebe sich zu ihrer vollen Größe entwickeln kann, braucht es lange Zeit und ständige Zusammenarbeit. Es lohnt sich auf jeden Fall.
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