In Beziehung sein
Haben Sie sich schon mal überlegt, was es bedeutet, in einer Beziehung zu sein?
Ich kam auf diese Frage bei Überlegungen zum Thema Partnerschaften: Was macht Partnerschaft stabil, Was das Wertvolle daran ist …
Viele Menschen entscheiden sich bewusst für ein Leben ohne Partner. Dennoch sind sie in Beziehungen. Andere lösen sich aus ihrer Beziehung und trennen sich von ihrem Partner. Dennoch sind sie in Beziehungen. Wieder andere entscheiden sich bewusst für einen Partner. Und leben dennoch in Beziehung zu vielen anderen.
Was ist Beziehung?
Egal ob Single oder Gebunden, wir sind immer in Beziehungen. Beziehungen sind existenziell für unser Sein, für die Formung unserer Persönlichkeit, für unsere Selbst- und für unser Weltbild. Ohne menschliche Beziehungen können wir uns nicht entwickeln, wir können uns nicht definieren, wir wären nicht lebensfähig.
Wenn wir noch die räumlichen Beziehungen hinzuziehen, die unseren Platz, unsere Nähe oder Entfernung, unser Heimatgefühl, Distanzen, innerhalb oder außerhalb, beinhalten, bekommen wir ein Blick auf das Ausmaß von dem Wort: Beziehungen. Beziehung von und zu Ursachen und Wirkungen, Dingen und Erlebnissen.
Dieses Zusammenspiel von Beziehung macht uns als Persönlichkeit aus. Durch dieses Gesamtkonstrukt können wir uns definieren, uns positionieren, uns unterscheiden, erklären und einzigartig zeigen.
Zurück zur partnerschaftlichen Beziehung.
In einer Zeit, wo Partnerschaften weniger Stabilität aufweisen, schnell geschlossen und schnell beendet werden, ist meine Überlegung: Mit welchen Erwartungen und Vorstellungen gehen Menschen in eine Partnerschaft und was macht partnerschaftliche Beziehungen haltbar und stabil?
Die Gründe für eine Partnerschaft sind heute zumindest größtenteils Liebe, gemeinsame Wünsche, gemeinsame Träume und Vorstellungen. Die Zeiten, wo Partner versprochen oder verkauft werden, sind zum Glück vorbei. Dennoch ist die Zahl der Trennungen und der Schwierigkeiten in Partnerschaften steigend.
Werden Verbindungen aus falschen Voraussetzungen eingegangen?
Gibt es falsche Voraussetzungen? Meine Vermutung ist eher, dass schon am Anfang einer Beziehung über manches hinweggesehen wurde, dass Charakterzüge oder Verhalten beschönigt, der Blick für realistische Überlegungen rosarot verhangen und dennoch eine Beziehung begonnen wurde. Sicher auch ganz oft in der Hoffnung, es wird schon noch alles gut werden.
Nach der anfänglichen "Schmetterlingszeit" bleiben viele Paare in der Hoffnung stecken, statt klare Worte und deutliche Veränderungen in den Bereichen einzuleiten, die sie bedrücken oder ihnen nicht wirklich gut tun. Sie verharren mit hoffnungsvollen Absichten. Die Ernüchterung kommt meist rasch. Allerdings wird es dann immer schwerer, lenkend zu reagieren und für viele Menschen ist es leichter, die ganze Partnerschaft zu beenden, als das Fundament der begonnen Gemeinschaft aufzuarbeiten.
Und was macht Scheitern mit der Beziehung?
Auch wenn man sich von einem Partner trennt und den eigen Wege weiter geht, ist man weiterhin mit diesem Partner in einer Beziehung: als sogenannter Ex-Partner, als Vater oder Mutter des gemeinsamen Kindes, als Teil meiner Lebensgeschichte, die ich mit ihm geteilt habe.
Gelingende Partnerschaft braucht Achtsamkeit, Wertschätzung, Verbindung, Vertrauen. Achtsamkeit mit sich selbst und seinem Partner. Dazu zählen auch so kleine Dinge wie wirkliches zuhören und präsent sein, ein Lächeln oder eine Umarmung. Wertschätzen kann ich mit einem anerkennenden Wort oder einer Geste, einem Dank oder einem Lob. Auch in Form eines Feedbacks. Verbindung zeige ich, wenn ich gern Zeit mit einem Partner verbringe, Freiraum gewähre und mich freue, wenn er wieder da ist, gemeinsame Wünsche, Träume, Bilder entwerfe und umsetze oder Nähe suche und gebe. Und Vertrauen zeige ich, wenn ich Absprachen und Vereinbarungen einhalte, mich öffne und Teile meiner Geschichte anvertraue, mich auch von meiner verletzlichen oder schwierigen Seite zumute und klar mit mir selbst bin.
Beziehungen erfüllen nur einen Sinn und Zweck: Herauszufinden, wer wir sind und das zu leben.
„Dies ist ein Paradoxon aller menschlichen Beziehungen:
Um vollständig erfahren zu können, wer-Ihr-seid, braucht Ihr nicht
unbedingt einen bestimmten anderen Menschen, und doch seid Ihr
ohne einen anderen nichts. Dies sind das Rätsel und das Wunder, die Frustration und die Freude der menschlichen Erfahrung.“
Neale Donald Walsch „Gespräche mit Gott – Ein ungewöhnlicher Dialog“
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