Bestimmung & Zugehörigkeit - so wichtig
Zwei immer wiederkehrende Themen aus meiner Praxis, die beide miteinander zu tun haben, sind:
1. das Bedürfnis, seine Bestimmung, den Sinn des eigenen Lebens zu finden
und
2. die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft
Die Fragen lauten dann oft: „Wie finde ich meine Bestimmung? Wie finde ich Menschen, zu denen ich passe?“
Dahinter stecken große Bedürfnisse, dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und dem Bedürnis nach Bindung. Beide gehören zu den Grundbedürfnissen des Menschen für ein gelingendes und gesundes Leben.
Daher ist es nicht verwunderlich, wenn wir irgendwann im Leben mit genau diesen Fragen konfrontiert sind. Oft kommen sie ab der Lebensmitte. Wenn die Kinder aus dem Haus gehen, die Karriere gut vorangeschritten ist, das Leben stabil ist und wir wieder Zeit für uns haben. Dann haben wir auch Zeit, uns damit zu beschäftigen, wo wir gerade stehen, was noch vor uns liegt und ziehen Resümee. Und dann passiert es häufig, dass wir uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens und damit nach der eigentlichen Bestimmung stellen und das wir uns entsprechend nach einer Gemeinschaft sehnen, die im Einklang mit uns und unseren Bedürfnissen steht.
Den Bedürfnissen nachzugehen ist nicht immer einfach, weil es sein kann, dass es unser gesamtes bisheriges Leben auf den Kopf stellen wird. Viele von uns haben bis zu dieser Zeit funktioniert: Schule, Studium oder Ausbildung, Beruf, Partner, Familie, Karriere, Kinder – alles waren geregelte und gesellschaftlich gern gesehene Phasen unseres Lebens. Jetzt ist das meiste weggefallen. Beruflich sind wir gut ausgestattet, die Partnerschaft läuft oder hat einen anderen Stellenwert bekommen, die Kinder gehen eigene Wege und brauchen uns Eltern nicht mehr – und was nun?
Wir haben das erste Mal Freiraum, um den eigenen Bedürfnissen und innersten Wünschen auf die Spur zu kommen. Das macht oft auch Angst, weil wir neue Wege vor uns haben, die wir so noch nicht hatten. Weil wir spüren, Altes verändert seine Wertigkeit für uns oder Beziehungen und Freundschaften verändern sich. Dem mutig, offen und vertrauend entgegenzusehen ist nicht immer einfach.
Und was fangen wir nun an mit den Fragen nach unseren Bedürfnissen?
Ruhig bleiben
Wenn die Fragen in dein Leben kommen, bleib ruhig und nimm sie an. Heißt das doch, du veränderst dich gerade und ein Bedürfnis, was wichtig ist, braucht eine neue Betrachtung und eine neue Ausrichtung.
Wenn du dir jetzt Zeit nimmst und diese Sehnsucht in dir spürst, musst du nicht sofort irgendeine Entscheidung treffen. Viele Menschen wollen diesen neuen und unvertrauten Zustand so schnell wie möglich hinter sich lassen. Neues ja, aber bitte schnell.
Dann entstehen leider auch leicht Schnellschüsse, die irgendwann erneut anklopfen, weil sie eben doch nicht wirklich gelöst sind.
Also, nimm dir Zeit. Geh sozusagen „schwanger“ mit deinem Thema. „Brüte darüber“ und schau es dir von allen Seiten an. Nimm dir Zeit für deine Gefühle: Wie fühlt es sich an? Wann wird es leichter, wann schwerer? Wohin leitet dich eine innere Weisheit? Was sagt sie dir?
Hilfreich ist auch eine Art „Entfaltungs-Journal“ zu führen. Schreib alles auf, was du spürst und wahrnimmst, wann du sicher oder wann du verwirrt bist, was doch stört und was dich voranbringt, was du fühlst, visionierst, denkst und wann du dabei lächelst.
Schau besonders auf die Erlebnisse, wo du besonders emotional reagierst. Wo sozusagen das Herzensgefühl ganz groß wird. Herzensgefühle sind oft die größten Schlüssel für uns. Und sie gehen manchmal mit Aussagen einher:
„Ich kann nicht, weil es zu viel, zu groß, zu intensiv, zu aufwühlend, zu schmerzhaft … ist.“
„Ich würde gerne mich um diese Dinge kümmern, aber ich kann es nicht ertragen, all das Leid zu sehen.“
Oder wo wir nicht den Mut und das Zutrauen haben, dass wir das schaffen können. Also, finde heraus, was dich abhält, diesen Weg weiter zu gehen. Hier ist der Schlüssel. Da wo du berührt wirst, wo du emotional dich berühren lässt, wo deine Angst und dein Zögern liegen, da kann es für dich weitergehen – wenn du bereit dazu bist.
Und – wenn du beginnst deinen Weg zu gehen, deiner Bestimmung zu folgen, findest du auch die Menschen, die sich gern mit dir verbinden, weil ihr eine gemeinsame Idee, eine gemeinsame Sprache oder ein gemeinsames Ziel verfolgt.
Die Verzweiflung sagt: „Diese Gefühle sind viel zu groß, zu schmerzhaft, zu herausfordernd, zu gewaltig und ich bin viel zu klein und nichtig, als das ich etwas bewegen könnte. Ich schaffe das nicht, also fange ich gar nicht erst an.“
Der Mut sagt: „Ich weiß, dass ich nicht alles schaffen kann. Aber das ist nicht schlimm. Ich lasse mich nicht davon abhalten, trotzdem das zu tun, was ich tun kann.“
Wie wird dein Weg weitergehen?
Bildnachweis: K. Stavenhagen