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Über den richtigen Umgang mit Selbstvorwürfen

Mauern durchbrechen1

„Wie konnte mir so etwas nur passieren?“

„Wie konnte ich das vergessen?“

„Das hätte ich niemals sagen dürfen!“

„Das hätte ich mir doch denken können!“

„Ich müsste viel öfter meine Mutter anrufen“!

Diese und ähnliche Aussagen sind typische Selbstvorwürfe, wenn uns mal wieder – ob gerechtfertigt oder nicht – Schuldgefühle quälen. Fast täglich gibt es Anlässe, wo wir uns mit Vorwürfen gegen uns selbst plagen. Und meist sind dies keine „schlimmen“ Vergehen, sondern eher die kleinen Missgeschicke und Alltagspannen, wie ein vergessener Arzttermin oder eine Beule im Auto.

Manchmal sind es aber auch Lebensentscheidungen, die wir im Nachhinein für falsch halten, die nicht selten jahrelanges vorwurfsvolles Verhalten nach sich ziehen. Ob ernsthafte Fehlentscheidungen oder kleinere Pannen – Schuldgefühle und Selbstvorwürfe belasten die Seele und nicht selten auch den Körper, und können langfristig sehr unangenehme Folgen haben. Woher Selbstvorwürfe kommen, wohin sie führen und wie sie erfolgreich vermieden oder überwunden werden können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wo liegen die Ursachen für Selbstvorwürfe?

In vielen Fällen sind Selbstvorwürfe die Folge von mangelndem Selbstbewusstsein, gepaart mit einem übergroßen Perfektionismus. Der Drang, um jeden Preis perfekt sein und machen zu wollen, und eine Verurteilung jedes noch so kleinen Fehlers oder Mangels, führen nicht selten dazu, dass wir uns mit Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen zermartern.

Aber auch die in der Kindheit anerzogene Moral und Lebenseinstellung spielen eine Rolle. Viele von uns bekamen von den Eltern Wertvorstellungen vermittelt, die wir nicht mehr für zeitgemäß und umsetzbar halten. Wenn wir dann nach unserem eigenen Willen und unseren eigenen Vorstellungen handeln, meldet sich im Unterbewusstsein das schlechte Gewissen, und wir fühlen uns als „Verräter“ gegenüber Eltern und Erziehung.

Was auch immer die Ursachen für Selbstvorwürfe sind – wer sie erkennt, ist besser in der Lage, sie zu verarbeiten, das richtige Gleichgewicht zwischen Schuldgefühl und Loslassen zu finden und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Welche Folgen können Selbstvorwürfe haben?

Ein schlechtes Gewissen und daraus resultierende Selbstvorwürfe sind ein Anzeichen dafür, dass uns entweder ein Fehler unterlaufen ist oder dass wir gegen unsere Moral- und Wertvorstellungen gehandelt haben. An der richtigen Stelle können Schuldgefühle und Vorwürfe durchaus hilfreich sein – nämlich, um Fehler zu verarbeiten, sie künftig zu vermeiden und uns – falls notwendig – zu entschuldigen.

Was ist jedoch, wenn Selbstvorwürfe gar nicht gerechtfertigt sind und/oder derart überhandnehmen, dass sie in unserem Denken und Fühlen viel zu viel Platz einnehmen und wir sie nicht rechtzeitig loslassen können? In diesen Fällen kann eine dauerhafte Belastung der Seele die Folge sein, die im schlimmsten Fall zu einer psychischen Erkrankung, wie einer Depression oder Angststörung, führen kann. Aber nicht nur die Seele, auch der Körper reagiert auf eine solche Belastung – mit Symptomen wie Herzrasen, Verspannungen, Verdauungsproblemen oder ständiger Gereiztheit.

Und nicht zuletzt leidet das Selbstvertrauen durch ständige Selbstvorwürfe. Wer sich ständig schuldig fühlt und Vorwürfe macht, wird sich früher oder später gar nichts mehr zutrauen – Passivität und Versagensängste sind die Konsequenz.

Warum Selbstvorwürfe unnötig und ungerechtfertigt sind

Mag sein, Sie haben einen Fehler gemacht. Ja, Sie hätten die Rechnung rechtzeitig zahlen können, dann wären Ihnen die Mahngebühren erspart geblieben. Sie hätten sich beim Telefonat mit der Freundin etwas weniger unverblümt ausdrücken können, dann hätten sie sich die unschöne Diskussion erspart. Aber was geschehen ist, ist geschehen, Sie können die Zeit nicht zurückdrehen. Genauso wenig können Sie in die Zukunft schauen und sehen, ob die Entscheidung, den Job zu wechseln, richtig oder falsch werden wird. Deshalb ist es völlig unnötig und auch nicht gerechtfertigt, sich mit Schuldgefühlen und Vorwürfen zu quälen. Höchste Zeit also, sich davon freizumachen!

Selbstvorwürfe – so können Sie sie überwinden!

Wenn Sie die folgenden Tipps beachten, schaffen Sie es, künftig nicht mehr in Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen zu versinken.

Tipp 1: Übernehmen Sie Verantwortung für den Fehler!

Einen Fehler totzuschweigen und vor ihm davonzulaufen, geht meistens nur eine Weile gut. Früher oder später holt das schlechte Gewissen uns ein. Deshalb: Stehen Sie zu Ihrem Fehler und übernehmen Sie die Verantwortung! Tun Sie das jedoch, ohne ihre eigene Person schlechtzureden. Um beim Beispiel der vergessenen Rechnung zu bleiben: Sagen Sie sich nicht: „Ich habe eine Mahnung erhalten, weil ich vergesslich, faul oder dumm bin.“ Solche negativen Gedanken sind völlig fehl am Platz. Sagen Sie sich stattdessen: „Ich habe ein Mal vergessen, die Rechnung fristgerecht zu begleichen – dafür musste ich am Ende nicht nur die Rechnung selbst, sondern auch die Mahngebühren zahlen. Das ist schade, aber kein Weltuntergang. In Zukunft werde ich darauf achten, meine Rechnungen direkt zu überweisen, damit so etwas nicht wieder passieren kann.

Tipp 2: Akzeptieren, Sie, dass Sie nicht vollkommen sind!

Nobody is perfect – eine Binsenweisheit, die jede/r mehr oder weniger täglich einmal von sich gibt. Und auch, wenn uns das seit Langem klar ist – uns selbst gestehen wir diese einfache Weisheit oft nicht zu. Jeder von uns hat seine kleinen Unzulänglichkeiten – der eine kann nicht gut mit Geld umgehen, ein anderer hat Probleme, pünktlich zu sein. Stehen Sie dazu, sagen Sie sich: „Ich bin nicht perfekt und mache manchmal Fehler – so wie jeder andere auch!“

Tipp 3: Überdenken Sie Ihre Moralvorstellungen!

Kann es sein, dass Sie durch Ihr Elternhaus und/oder gesellschaftliche Umstände Maßstäbe und Wertvorstellungen verinnerlicht haben, die vielleicht gar nicht mehr in unsere Zeit passen und die auch nicht Ihrem Naturell entsprechen? Finden Sie heraus, welche Ihrer Moralvorstellungen in Ihr Leben passen und welche nicht. Dann haben schlechtes Gewissen und Selbstvorwürfe keine Chance!

Bildnachweis: Thomas Wilde